Philosophie-Olympiade

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Philosophie-Olympiade und der Philosophische Essay -

mit der Philosophie übers Leben nachdenken

Seit vielen Jahren nehmen SchülerInnen und Schüler der 8. Klasse im Rahmen der Begabungsförderung an der Philosophie-Olympiade teil. Vorbereitend gibt es in Kooperation mit dem Fachdidaktikzentrum der Universität Graz einen Workshop unter der Leitung von Doz.Dr. Franz Zeder, um die SchülerInnen auf das philosophische Essayschreiben vorzubereiten.

Heuer wurde im Philosophieworkshop über die Begriffe Höflichkeit, Glück und Kosmos diskutiert. Die Probleme wurden zwar auch diesmal nicht gelöst, dafür bekam man wieder einmal vorgeführt, wie unterschiedlich die Standpunkte, Argumente und Meinungen sein können. Von den drei philosophischen Zitaten, über die geschrieben wurde, provozierte besonders die These Arthur Schopenhauers, wonach Höflichkeit Klugheit sei und Unhöflichkeit Dummheit und daher Sich mittels der Unhöflichkeit Feinde machen Raserei, wie wenn man sein Haus in Brand steckt. Hier eine kleine Auswahl aus den Essays:

Höflichkeit ist ein distanzierendes Gefühl (Sophie) 

Höfliches Verhalten folgt dem Grundsatz „Der Klügere gibt nach" (Marlene) 

Unhöflichkeit ist Natur, Höflichkeit Kultur (Moritz)

Das Vergleichen des eigenen mit dem fremden Glück schafft die Probleme (Elisabeth, Saskia)

Wir unterliegen dem fatalen Zwang des Glücklicherseinmüssens (Kristof)

u.a.m.

Dieses Essayschreiben mit anschließendem Philosophievormittag diente auch als Vorbereitung für die „Internationale Philosophieolympiade" (IPO). Mit dem olympischen Gedanken, dass allein das Dabeisein schon etwas wert ist, begeben sich wie jedes Jahr SchülerInnen der letzten und vorletzten Schulstufe auf den Olymp des Denkens, um einen philosophischen Satz auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Die Teilnahme boomt seit dem Start dieses schulübergreifenden Wettbewerbs (2005), manche Schulen müssen eine Vorauswahl treffen, weil mehr als drei Essays eingereicht wurden. Die entscheidende Selektion obliegt dann einer sechsköpfigen Jury, die sich wochenlang die Essays kreuz und quer durch die Steiermark zumailt, um unter heftigem Stirnfaltenwerfen die zwölf besten herauszufiltern. Endlich fällt dann im Februar die Entscheidung am „Tag der Philosophie" in Graz. Es werden aus den zum Großteil erstaunlich ausgereiften Finaltexten die Plätze 1 bis 12 ermittelt. Und wer hat nun den besten der besten Essays geschrieben? Ist es der feinsinnige Stilist mit dem ausgeprägten Sprachwitz oder der bohrende Zu-Ende-Denker mit den philosophiehistorischen Kenntnissen? Im heurigen Jahr schaffte es Lukas Meißl vom BORG Birkfeld, der sich über eine Wittgenstein-These zur „zeitlichen Unendlichkeit" die spitzfindigsten Gedanken gemacht hat.

Künftig soll es auch die Möglichkeit geben, den philosophischen Essay für die Matura als Vorwissenschaftliche Arbeit (VWAreflexiv) einzureichen. Eine Empfehlung der österreichischen PhilosophielehrerInnen ist bereits an die Landesschulräte ergangen. Man könnte sich vorstellen, dass sich von dieser VWA-Variante MaturantInnen angesprochen fühlen, die ihre Eigenständigkeit im Denken und Argumentieren üben und beweisen möchten. Free your mind. Der „Denkspieler" hat auf alle Fälle die größere Chance als der Faktensammler, Aufklärung im Sinne Kants zu betreiben – und das heißt „den Mut zu haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen".

Zwar wenden kritische Stimmen ein, dass die Philosophie „schwer" sei und dass einen gefinkelten Essay nicht jeder schreiben kann. Wie sollen denn SchülerInnen etwas können, bekommt man zu hören, was nur wenige Erwachsene können? Aber: Sie können's. Jahr für Jahr sind die Arbeiten für die Philosophieolympiade der Beweis. Diese Texte mögen vielleicht unter der Lupe einer strengen Wissenschaftlichkeit dilettantisch erscheinen, aber in ihnen steckt oft jene Poesie des unausgegorenen Wissens, die in einer trocken gelehrten Abhandlung fehlt. Nebenher trägt auch die interkulturelle Ausrichtung zur Attraktivität des Bewerbs bei. Als vor zwei Jahren der internationale Schlussbewerb in Wien ausgetragen wurde, bekamen die TeilnehmerInnen aus aller Welt ein Zitat von Konfuzius vorgesetzt, viersprachig und mit der Auflage, dazu in einer anderen als der eigenen Muttersprache Stellung zu nehmen:

"He who learns but does not think is lost; he who thinks but does not learn is in danger."

«Celui qui apprend et ne pense pas est perdu ; celui qui pense et n'apprend pas est en danger.»

"El que aprende sin pensar está perdido. El que piensa sin aprender está en peligro."

„Wer lernt, ohne zu denken, ist verloren; wer denkt, ohne zu lernen, ist in Gefahr."

Wenn es auch stimmt, so ist man versucht einzuwenden, dass sich ohne Erfahrungen nicht denken lässt, so besteht doch allererst „die Gefahr des Denkens" in den lockenden Abenteuern des Geistes. Eigentlich eine tolle Sache.

Univ. Doz. Dr. Franz Zeder

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